Brennpunkt-Artikel


01.06.2017

Unglaubwürdiger Anlauf zur Kantonalisierung der Krankenversicherung

Im Westen nichts Neues!

Wiederholte demokratische Entscheide auf nationaler Ebene passen ihnen nicht ins Konzept. Die Staatsräte Mauro Poggia (MCG) und Pierre-Yves Maillard (SP) wollen die Macht der Kantone im Gesundheitswesen massiv ausweiten und die Krankenversicherer enteignen und entmündigen. Viel wirkungsvoller wäre es, die föderalistisch verursachten Überkapazitäten in der medizinischen Versorgung abzubauen.

Das schlechte Wetter kommt aus dem Westen, sagt man. Und so verheissen auch die von Genf und Lausanne her kommenden neusten Tiefdruckgebiete in Sachen Krankenversicherung nichts Gutes: Zum vierten Mal innert 20 Jahren soll mit Volksinitiativen das faktische Ende der privatrechtlich organisierten Krankenkassen herbeigeführt werden, die seit weit über hundert Jahren der Bevölkerung finanzielle Sicherheit bei Krankheit garantieren.

Kantonalisierung der Krankenversicherung

Erst im vergangenen Jahr hatten die beiden Staatsräte offensichtlich die Fédération romande des consommateurs (FRC) vorgeschickt, um ihr Vorhaben auf eine breitere Basis zu stellen. Nachdem dies nicht gelang und die FRC das Anliegen infolge der fehlenden Unterstützung insbesondere in der Deutschschweiz ad acta legte, müssen die beiden Staatsräte jetzt selber aktiv werden, um den Einfluss ihrer Kantone maximieren zu können.

Kantone gegen Prämienzahler

Der Einsatz der Kantone für tiefere Prämien ist wenig glaubwürdig: Zum einen setzen sie sich bei den Tarifverhandlungen regelmässig zu Gunsten höherer Abgeltungen für «ihre» Klinken ein, insbesondere ihrer Universitätsspitäler. In der Vergangenheit wurde zuweilen sogar darauf verwiesen, dass die Krankenversicherer die höheren Tarife für die Klinken ja mit «etwas höheren» Prämien kompensieren könnten.

 

Die Kantone verweigern die gleiche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen.

 

Zum anderen setzen die Kantone aktuell auf eine beschleunigte Verlagerung von stationären zu ambulanten Leistungen. Mit sogenannten «Operationslisten» wollen sie vorschreiben, welche Eingriffe ambulant gemacht werden müssen, weil sie in diesem Fall keinen Kostenanteil zu bezahlen haben. Die gleiche Finanzierung von Leistungen, die ambulant oder stationär erbracht werden können, verweigern die Kantone. Sie würde eine gerechte Verteilung der Einsparungen und Kosten zwischen Prämienzahlern und Kantonen ermöglichen.

Überbordender Föderalismus heizt Prämienanstieg an

Der überbordende Föderalismus ist schon heute eines der Kernprobleme des schweizerischen Gesundheitswesens. Gerade die Kantone Genf und Waadt sind dafür Paradebeispiele: Beide führen eigene Universitätsspitäler, was die Prämien- und Steuerzahler zusätzlich hunderte von Millionen Franken kostet. « Die Machtkonzentration und Interessenkonflikte von Kantonen wie Genf und Waadt sind ein Teil der Misere und nicht die Lösung«, sagt deshalb Verena Nold, Direktorin von santésuisse. Nicht besser verhalten sich diese beiden Kantone, wenn es um den schweizweiten Qualitätswettbewerb im Spitalbereich geht. Mit happigen Subventionen zu Gunsten ihrer eigenen Spitäler (Kanton Genf) oder protektionistischen Quotendiskussionen (Kanton Waadt) hintertreiben sie aktiv den Qualitätswettbewerb mit ausserkantonalen Spitälern. Die Folge ist eine latente Strukturerhaltung, die unnötige Kosten zu Lasten der Prämien- und Steuerzahler zur Folge hat.

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