Brennpunkt-Artikel


02.06.2018

Bundesrat klammert Medikamente von Kostendämpfungsmassnahmen aus

Befremdliche Prioritäten des Bundesrates

Das erste Paket des Bundesrates mit Kostensenkungsmassnahmen fällt aus Prämienzahlersicht ernüchternd aus. Der Bundesrat ignoriert die von den Experten vorgeschlagenen Kostendämpfungsmassnahmen im Bereich der patentgeschützten Medikamente.

Beim ersten priorisierten Massnahmenpaket des Bundesrates gegen das übermässige Kostenwachstum in der Krankenversicherung fehlen neun von zehn Vorschlägen aus dem Expertenbericht zu den Medikamenten. Die Interessen der Pharmaindustrie an überteuerten Medikamenten scheinen dem Bundesrat offenbar wichtiger zu sein als die berechtigten Interessen der Patienten und Prämienzahler an massvollen Medikamentenpreisen.

Unberücksichtigte Originalmedikamente

Bloss eine Massnahme verblieb im ersten Paket – das Referenzpreissystem für Generika, dessen Vernehmlassung bereits letztes Jahr angekündigt war. Das Referenzpreissystem ist durchaus geeignet, einen Beitrag zur Kostendämpfung im patentabgelaufenen Bereich zu leisten. Dem steht die Tatsache gegenüber, dass Originalpräparate in der Schweiz einen Marktanteil von 84 Prozent am gesamten Medikamentenumsatz haben. Dort santésuisse _ BRENNPUNKT 3 müssen die Massnahmen ansetzen. Gerade neu aufgenommene Medikamente sind in der Schweiz sehr teuer. Das starke Wachstum im Medikamentenmarkt entsteht vor allem dadurch, dass bewährte kostengünstige Präparate durch neue Medikamente substituiert werden. Es kann deshalb nicht sein, dass die patentgeschützten Medikamente von den Kostendämmungsmassnahmen unberücksichtigt bleiben. Das Paket muss daher nachgebessert werden um gezielte Massnahmen, die auch den Bereich der patentgeschützten Medikamente erfassen.

Beschwerderecht gegen zu hohe Medikamentenpreise

Zu den minimalen Massnahmen im Medikamentenbereich gehört, den Versicherern eine Beschwerdemöglichkeit einzuräumen, um zu hoch anmutende Medikamentenpreise vor Gericht anzufechten – so wie das von den Experten vorgeschlagen wurde. Das Beschwerderecht, das der Bundesrat den Versicherern bei der Spital- und Pflegeheimlisten der Kantone geben will, ist wegweisend. Ein analoges Beschwerderecht sollte den Versicherern gegenüber der privatrechtlich organisierten Pharmaindustrie eingeräumt werden. Auch die anderen Massnahmen im Medikamentenbereich, die der Expertenbericht nennt und der Bundesrat im ersten Paket ignoriert, sind für die Kostendämpfung wichtig. Dazu gehört das Kostengünstigkeitsprinzip für Medikamente (es ist entweder der Auslandpreisvergleich oder der therapeutische Quervergleich bei der Preisfestsetzung zu berücksichtigen – jeweils das tiefere Ergebnis wäre massgebend), die Förderung von Parallelimporten sowie die Lockerung des Territorialitätsprinzips mit der Möglichkeit zur Kostenübernahme von im Ausland beschafften Medikamenten durch die Krankenversicherer.

 

"Es kann nicht sein, dass die patentgeschützten Medikamente von den Kostendämmungsmassnahmen unberücksichtigt bleiben."

 

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