
Brennpunkt-Artikel
Mehr Qualitätstransparenz in unseren Spitälern
Keine «Gelegenheitschirurgie» mehr
Mindestfallzahlen für komplexe operative Eingriffe führen erwiesenermassen zu mehr Qualität und tieferen Sterberaten . Dennoch wird in der Schweiz vielerorts die Regionalpolitik höher gewertet als Ergebnisqualität und Patientensicherheit.
Eigentlich gehört es nicht zu den Aufgaben der Krankenversicherer, sich in die Geschäftsmodelle der Akutspitäler einzumischen. Dass sie es jetzt trotzdem tun, ist gut begründet. Im Fokus steht ein zentrales Thema: die nicht belegte Ergebnisqualität im Spitalbereich und deren kostspielige Folgen. Bildlich ausgedrückt könnte man sagen, dass die Spitäler hinsichtlich Kosten und Preise in der Champions-League spielen, sich aber bezüglich Transparenz gerade einmal in der Amateurliga tummeln. Es fehlen transparente, datengestützte Fakten über die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit komplexer operativer Eingriffe. Eine Realität, für welche die Versicherten teuer bezahlen und die Patienten dennoch keine Gewähr für optimale Qualität haben.
Zu tiefe Fallzahlen
Ein zentraler Faktor zur Verbesserung der Ergebnisqualität wäre die Vorgabe von Mindestfallzahlen für komplexe operative Eingriffe. Denn es ist eine gut dokumentierte Tatsache, dass sich hohe Fallzahlen positiv auf Behandlungsqualität sowie Patientensicherheit auswirken und zudem für eine bessere Auslastung der Infrastruktur und insgesamt tiefere Kosten sorgen. Während in deutschen Kliniken bestimmte Eingriffe nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn diese über eine minimale Erfahrung im entsprechenden Fachgebiet verfügen, tut man sich in der kleinen Schweiz mit der Festlegung solcher Mindestfallzahlen schwer.
Die Schweiz muss ihre «operativen Kräfte» bündeln.
Löbliche Ausnahme ist der Kanton Zürich, der für eine Reihe von Operationen minimale Fallzahlen festgelegt hat. Für komplexe Eingriffe an Bronchien und Lungen beispielsweise sind es dreissig Fälle pro Spital – was übrigens dreimal weniger ist, als der von der Technischen Universität Berlin für Deutschland errechnete Mindestwert. Aber auch diesen tiefen Wert erfüllen in der Schweiz gerade einmal 25 von 68 Spitälern. Eine ähnliche Situation zeigt sich bei der Erstimplantation von Hüftprothesen: Von 117 Spitälern verfügen nur 27 über genügende Fallzahlen. Das Nachsehen haben die Patientinnen und Patienten, die sich je nach Spital in falscher Sicherheit wähnen.
Kompetenzzentren schaffen
Eine Bündelung der «operativen Kräfte» drängt sich in der kleinräumigen Schweiz geradezu auf.
Die Vorgabe, komplexe chirurgische Eingriffe ausschliesslich in kantonalen oder regionalen Kompetenzzentren durchzuführen, wäre der Schlüssel nicht nur für eine optimale Behandlungsqualität, sondern auch für mehr Wirtschaftlichkeit. Vom Bundesrat festgelegte Mindestfallzahlen bildeten die Basis für Spezialisierung und Kooperationen. Die Grundversorgung in den jetzigen Spitälern ist davon nicht betroffen, aber es kann nicht sein, dass alle alles tun – das ist weder effizient noch hilft es der Qualität. Das Problem: Was auf dem Papier plausibel daherkommt, scheitert in der praktischen Umsetzung am Willen der Kantone, ihr innerkantonales, spitalpolitisches Prestigedenken zugunsten einer überregionale Spitalplanung aufzugeben. Und Hand zu bieten für einen fairen Qualitätswettbewerb und im Endeffekt für mehr Patientensicherheit.