Positionspapier


29.08.2014

Qualitätsstrategie santésuisse 2014 – 2016

1. Ausgangslage

1.1 Langfristiges Ziel ist ein funktionierender Qualitätswettbewerb

santésuisse setzt sich für den Qualitätswettbewerb unter den Leistungserbringern ein, denn daraus sollen eine bessere medizinische Behandlungsqualität und eine Stabilisierung der Kosten resultieren. Zentrale Voraussetzung für den funktionierenden Qualitätswettbewerb ist einerseits das Vorliegen von Messdaten zu den Behandlungsergebnissen eines Leistungserbringers. Diese Ergebnismessungen sollen flächendeckend, vergleichbar und transparent vorliegen, damit die Patienten die Leistungserbringer vergleichen und eine informierte Wahl des Leistungserbringers treffen können. Andererseits bilden griffige und damit glaubwürdige Sanktionsmechanismen gegen säumige Leistungserbringer, welche sich nicht an den Messungen beteiligen, eine wichtige Grundlage für den Qualitätswettbewerb. santésuisse legt besonderen Wert auf die Schaffung dieser Voraussetzungen. Die Voraussetzungen für den Qualitätswettbewerb sollen gemeinsam mit den Leistungserbringerverbänden gefördert werden.

1.2 Gesetzliche Grundlagen

Die gesetzlichen Grundlagen im Bereich der medizinischen Qualitätssicherung und -förderung sind im Krankenversicherungsgesetz (KVG) und in der dazugehörenden Verordnung (KVV) an verschiedenen Stellen verankert. Eine wichtige rechtliche Grundlage ist das sogenannte Delegationsprinzip. Mit der Delegation der Durchführung und Kontrolle der Qualitätssicherung an die Leistungserbringer oder deren Verbände liess der Bund bis anhin den Tarifpartnern bei der Erarbeitung von Qualitätskonzepten eine zentrale Rolle zu kommen. So sind die Leistungserbringer dazu verpflichtet, Qualitätskonzepte und -programme zu erarbeiten und die Durchführungsmodalitäten in Qualitätsverträgen gemeinsam mit den Kostenträgern zu regeln (Art. 77 KVV). In vielen Leistungsbereichen (z.B. akutstationäre Versorgung, stationäre Psychiatrie, Rehabilitation, Labor, Ergotherapie) führte das Delegationsprinzip zum Erfolg. Qualitätskonzepte und -verträge konnten vereinbart und umgesetzt werden. Am Delegationsprinzip ist daher künftig festzuhalten, hingegen sind die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen, um der Umsetzung von Qualitätsverträgen und -konzepten Nachdruck zu verschaffen.

santésuisse drängt daher mit Nachdruck auf die Umsetzung der heute gültigen Bestimmungen im Gesetz und der Verordnung, das heisst die vertragliche Verankerung der Qualitätssicherung in allen Leistungsbereichen.

Es gehört zu den Aufgaben der Krankenversicherer, die Interessen ihrer Versicherten wahrzunehmen und sich stellvertretend für die Patienten für eine hochstehende medizinische Behandlungsqualität einzusetzen. Gleichzeitig können mit der Qualitätssicherung unnötige Kosten vermieden und damit ein Beitrag zur Stabilisierung der Prämien geleistet werden.

1.3 Stand der Umsetzung

Die Krankenversicherer konnten gemeinsam mit den Leistungserbringern zahlreiche Qualitätssicherungsprojekte erfolgreich initiieren und durchführen. Einen Schwerpunkt bildete in den letzten Jahren der Bereich Spital stationär. Im Rahmen des nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) konnten Konzepte zur Messung der Ergebnisqualität entwickelt und erfolgreich implementiert werden. Im akut-stationären Bereich wird die Patientenzufriedenheit erhoben, die Rate der potenziell vermeidbaren Reoperationen und Rehospitalisationen gemessen sowie Messungen zur Wundinfektion, Sturz und Dekubitus vorgenommen. Ebenso werden in der stationären Psychiatrie und der Rehabilitation seit Anfang 2013 Indikatoren zur Messung der Ergebnisqualität erhoben. Das Ziel – die spitalscharfe und zielgruppengerechte Publikation der Messergebnisse – ist bei den Indikatoren zu Sturz und Dekubitus sowie bei der Patientenzufriedenheit – erreicht.

Im Laborbereich organisieren die Tarifpartner im Rahmen des QUALAB eine umfangreiche externe Qualitätssicherung mittels Ringversuchen und kennzeichnen im Zahlstellenregister (ZSR) diejenigen Laborbetreiber, welche sich nicht an den Ringversuchen beteiligen. Die Ergotherapeuten
führen, basierend auf dem System der Zielerreichung (Goal Attainment Scaling), flächendeckend Ergebnismessungen durch. Schliesslich haben die Krankenversicherer gemeinsam mit den Apothekern Vereinbarungen zur Qualitätssicherung getroffen: So werden alle Apotheken, die dem LOA-Vertrag beigetreten sind, im 3-Jahres-Rhythmus im Rahmen eines «Mystery Shoppings» auditiert.

2. Position und Forderungen santésuisse

2.1 Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben

Die Krankenversicherer wollen grundsätzlich keinen Vertrag ohne Bestimmungen zur Qualitätssicherung abschliessen. Sie fordern die Vertragspartner auf, die gesetzlich vorgeschriebenen Konzepte und Programme zu entwickeln und diese zusammen mit den Krankenversicherern
national koordiniert umzusetzen.
Der nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) treibt die gesamtschweizerisch vergleichbaren Ergebnismessungen erfolgreich voran. santésuisse fordert, dass alle Messergebnisse transparent, das heisst zielgruppengerecht und spitalscharf, ausgewiesen werden.

In Versorgungsbereichen, in welchen die Qualitätssicherung im Vergleich zum Spitalbereich weniger weit fortgeschritten ist, fordert santésuisse ebenfalls die gemeinsame Entwicklung national verbindlicher Konzepte und Programme zur gesamtschweizerisch vergleichbaren Messung der Ergebnisqualität.

2.2 Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen

Die Krankenversicherer äussern sich ablehnend gegenüber einem nationalen Zentrum für Qualität und Patientensicherheit unter der Federführung des Bundes. Wenn überhaupt soll die Rolle durch breit abgestützte, bestehende Strukturen wie dem ANQ und anderen anerkannten Institutionen übernommen werden.

Das Delegationsprinzip ist beizubehalten. Denn der geringe Fortschritt in der Qualitätssicherung in einigen Leistungsbereichen ist nicht auf das Versagen des Delegationsprinzips zurückzuführen, sondern vielmehr auf fehlende Anreize und ungenügende Sanktionsmechanismen. santésuisse setzt sich daher ein für

  • eine im Gesetz explizit verankerte Lieferungspflicht seitens der Leistungserbringer von vertraglich vereinbarten medizinischen Qualitätsindikatoren.
  • griffigere, glaubwürdigere und umsetzbare Sanktionsmechanismen für Leistungserbringer, welche die vertraglich vereinbarten Qualitätsanforderungen nicht erfüllen. Vorschläge für solche Sanktionsmechanismen sind gemeinsam mit den Leistungserbringern und Kantonen zu entwickeln.

Die Krankenversicherer werden ebenfalls einen Beitrag leisten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemeinsam mit den Leistungserbringern Anreize via verbesserte Sanktionsmechanismen und erhöhter Transparenz setzen, um die Umsetzung von Qualitätssicherungskonzepten voranzubringen und die Messung der Ergebnisqualität zu fördern.

Der Bund soll seine Rolle auf die Sicherstellung der nötigen Rahmenbedingungen, auf planerische Vorgaben von nationalem Interesse sowie auf Kontrolle und Information beschränken.

3. Fazit

Eine hohe medizinische Behandlungsqualität zu tragbaren Kosten ist ein wichtiges Anliegen der Krankenversicherer. Dies kann am effizientesten über einen funktionierenden Qualitätswettbewerb unter den Leistungserbringern erreicht werden. santésuisse möchte den bisherigen Kurs weiterverfolgen und setzt weiterhin auf das gesetzlich vorgesehene Instrument der Qualitätsverträge und -konzepte, die gemeinsam mit den Leistungserbringerverbänden erarbeitet werden. Die Krankenversicherer sind überzeugt, dass zusammen mit einer Korrektur der rechtlichen Rahmenbedingungen die Sicherung und Verbesserung der medizinischen Behandlungsqualität gewährleistet werden kann.

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