Verfeinerter Risikoausgleich fördert den Qualitätswettbewerb

Der Risikoausgleich gleicht das Risiko künftiger Kosten unter den Krankenversicherern aufgrund der unterschiedlichen Versichertenstruktur aus. Ab 2017 wird der Risikoausgleich mit zusätzlichen Indikatoren erweitert.

Eine solidarisch finanzierte Krankenversicherung mit Obligatorium, Aufnahmezwang und «Kopfprämien» (für jede Kategorie ist die Prämie gleich hoch, die persönliche Risikosituation spielt keine Rolle) benötigt einen Risikoausgleich unter den Krankenversicherern. Der Risikoausgleich stellt sicher, dass die je unterschiedlichen Risikostrukturen der Krankenversicherer bezüglich ihres Versichertenkollektivs prospektiv ausglichen werden. «Prospektiv» (zum Voraus) bedeutet, dass nicht nachträglich die angefallenen Kosten ausgeglichen werden, sondern zum Voraus die erwarteten Kostenunterschiede aufgrund der je unterschiedlichen Risikostruktur. Damit belohnt der Risikoausgleich kostensparende, effiziente Behandlungsmassnahmen. Ein nachträglicher Kostenausgleich dagegen, würde zu falschen Anreizen führen («wer mehr Kosten produziert, bekommt mehr Ausgleich»).

Damit fördert der prospektiv angelegte Risikoausgleich den Qualitätswettbewerb unter den Krankenversicherern bezüglich des Angebots und der Umsetzung von besonders wirksamen und innovativen Behandlungsmodellen. Ohne Risikoausgleich würden solche Krankenversicherer sonst längerfristig nicht konkurrenzfähig, weil auch die effizienteste und beste Behandlung teuer ist als gar keine und weil die Prämien jedes Versicherers letztlich den Kosten folgen.

Der Mechanismus des Risikoausgleichs

Der Risikoausgleich wird von der Gemeinsamen Einrichtung KVG durchgeführt (1,2 Vollzeitstellen). Alle Versicherer liefern dafür die benötigten Daten. Pro Kanton werden die Durchschnittskosten pro Versicherten pro Risikogruppe mit den Durchschnittskosten aller Versicherten verglichen. Die ermittelte Differenz muss dann vom Versicherer entweder in den gemeinsamen Topf eingezahlt werden oder er erhält sie ausbezahlt. Die Summe aller Abgaben und Beiträge über alle Kantone und alle Risikogruppen hinweg ergibt dann den Risikoausgleich für jeden einzelnen Krankenversicherer.

Dreistufiger Risikoausgleich

Die erste Stufe des Risikoausgleichs umfasst die Kriterien Alter und Geschlecht. Seit dem 1. Januer 2012 wird als zweite Stufe das Kriterium berücksichtigt, ob der Versicherte im Vorjahr währen mindestens drei Tagen in einem Pflegeheim oder Spital behandelt wurde.  In Ergänzung zu den bisherigen Indikatoren Alter, Geschlecht und Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim im Vorjahr wird ab 2017 der neue Indikator Arzneimittelkosten im Vorjahr in die Ausgleichsformel aufgenommen.

Diese neue Ausgleichsformel stellt eine Übergangslösung dar. Sie erlaubt, auch kostenintensive Versicherte zu erkennen, die im Vorjahr keinen stationären Aufenthalt aufweisen. Erstmals für den Risikoausgleich 2019 soll der aufgrund von Daten aus dem ambulanten Bereich gebildete Indikator pharmazeutische Kostengruppen (PCG) – zusätzlich zu den bisherigen Indikatoren Alter, Geschlecht und Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim – in der Verordnung festgelegt werden.

Haltung von santésuisse

Im Interesse der Versicherten sollen Innovationen bei den medizinischen Leistungen und der Servicequalität begünstigt werden. Die Bestrebungen, den Risikoausgleich weiter zu verbessern, sollen konstruktiv und in enger Zusammenarbeit mit der Branche erfolgen. Die Verbesserung des Risikoausgleichs muss sachlich korrekt umsetzbar sein. Er muss prospektiv ausgestaltet werden, auf stabilen Kriterien basieren und darf nicht zu einem Kostenausgleich führen.

Ansprechpartner

20.04.2020
Vernehmlassung

santésuisse befürwortet Änderung der Verordnung über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung (VORA)

santésuisse begrüsst die geplante Anpassung der Verordnung über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung (VORA). Die durch die frühere Lieferung der Daten an die Gemeinsame Einrichtung KVG gewonnene Zeit ermöglicht den Versicherern, die Informationen aus dem Risikoausgleich bei der Berechnung der Prämien, die sie der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung einreichen, zu berücksichtigen. Weiter ist zu begrüssen, wenn die Daten, die im Rahmen des Risikoausgleichs an die GE KVG geliefert werden, zur Lösung des Problems von Mehrfachversicherungen verwendet werden können. Noch nicht geregelt wird mit der vorliegenden Verordnungsänderung der Umgang mit sogenannten Phantomen. Unter Phantomen sind versicherte Personen zu verstehen, die nicht mehr kontaktiert werden können, zum Beispiel wegen Wegzug nach Unbekannt. Es müsste eine Lösung gefunden werden, die verhindert, dass diese Personen in die Berechnung des Risikoausgleichs einfliessen.


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