Communiqué


11.10.2023

EFAS: Ja, aber ohne Pflege

Keine Reform auf dem Buckel der Prämienzahler

Die einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen (EFAS) kann im Grundsatz zu mehr Effizienz im Gesundheitswesen führen. Mit der Integration der Pflege ist die Reform aber auf Abwege geraten. santésuisse lehnt eine EFAS-Vorlage mit bedingungslos integrierter Langzeitpflege deshalb entschieden ab. Für die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler drohen damit Mehrkosten in Milliardenhöhe. Eine weitere Verwässerung der Vorlage droht, wenn die Kantone eine doppelte Rechnungsprüfung vornehmen können. Gerade bei aktuell sehr stark steigenden Gesundheitskosten wäre eine Reform auf dem Buckel der Prämienzahlerinnen und Prämienzahler völlig verfehlt und ist abzulehnen. santésuisse zählt auf das Verantwortungsbewusstsein der ständerätlichen Gesundheitskommission, die sich in diesen Tagen mit der Vorlage befasst.

Ambulante und stationäre Leistungen werden heute unterschiedlich finanziert. Übernachtet eine Patientin oder ein Patient im Spital, teilen sich die Krankenversicherung und der Kanton die Kosten. Bei ambulanten Leistungen übernimmt die Krankenversicherung die Kosten dagegen vollständig. Die einheitliche Finanzierung sämtlicher Leistungen soll der integrierten Versorgung und damit der Effizienz im Gesundheitswesen Vorschub leisten. Deshalb hat santésuisse die vor 14 Jahren angestossene einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen (EFAS) im Grundsatz stets befürwortet.

Zurück auf Feld eins

santésuisse orientiert sich am Grundsatz, dass Reformen nicht zulasten der ohnehin stark belasteten Prämienzahlerinnen und Prämienzahler gehen dürfen. Dementsprechend wäre es unverantwortlich, die Vorlage zu überladen, statt sie in schlanker Form umzusetzen. Leider droht aus Sicht der Prämienzahlerinnen und Prämienzahler aber genau dieses Szenario. Wie schon der Ständerat will auch der Nationalrat die Pflege in die EFAS-Vorlage integrieren. Im Vergleich zum Ständerat fordert der Nationalrat immerhin zusätzlich, dass in der Pflege Tarife vorliegen sollen, die auf einer einheitlichen und transparenten Kostenbasis beruhen. Zudem soll die Pflegeinitiative zuerst vollständig umgesetzt werden.

Integration der Pflege kostet Prämienzahler Milliarden

Aufgrund der alternden Gesellschaft steigen die Kosten für die Pflege Jahr für Jahr stark an. Deshalb hat das Parlament vor gut zehn Jahren entschieden, die Beiträge der Prämienzahlerinnen und Prämienzahler an die Pflege zu limitieren. Dies, weil die intensive Kostenentwicklung in der Pflege das Prämienwachstum zunehmend in die Höhe trieb. Nun wird EFAS dazu benutzt, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Bei einer Integration der Pflegekosten in EFAS drohen enorme Mehrkosten, welche die möglichen Einsparungen komplett auffressen und die Prämien in die Höhe treiben. Eine Modellrechnung von santésuisse zeigt: Bereits wenige Jahre nach der Integration der Pflegekosten würden die Effizienzvorteile von EFAS in ihr Gegenteil verkehrt und die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler zusätzlich belastet. Je nach Szenario würde sie die KVG-pflichtige Pflege im Jahr 2035 zusätzliche 4,9 Milliarden Franken kosten, 2040 sogar 9,6 Milliarden.                  

Deshalb lehnt santésuisse eine EFAS-Vorlage mit bedingungsloser Integration der Pflegekosten entschieden ab. Mindestens müssten die vom Nationalrat beschlossenen Bedingungen vollständig in die Vorlage einfliessen, damit das finanzielle Ausmass der Pflegekosten endlich transparent auf den Tisch käme.

Keine doppelte Rechnungsprüfung

In seiner Fassung wollte der Ständerat den Kantonen die Möglichkeit einer Prüfung von Einzelrechnungen geben. Eine solche Doppelspurigkeit würde mögliche Effizienzpotenziale von EFAS weiter verwässern. Immerhin hat der Nationalrat in der Herbstsession entschieden, dass die Kantone keine zusätzliche Rechnungskontrolle durchführen und dafür auch keine Rechnungsdaten erhalten sollen. Die Rechnungskontrolle als DIE Kernkompetenz der Krankenversicherer bleibt damit in den Händen profunder Expertinnen und Experten.

Mehr Augenmass ist gefragt

Mit dem Entscheid, die Pflege in die Vorlage zu integrieren, öffnen die Räte Tür und Tor dafür, dass die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler stärker belastet statt entlastet werden. Daher ist Augenmass gefragt, um die grösste KVG-Reform seit Einführung der neuen Spitalfinanzierung nicht zu Fall zu bringen.

 

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santésuisse ist der Branchenverband der schweizerischen Krankenversicherer. santésuisse setzt sich für ein freiheitliches, soziales und finanzierbares Gesundheitssystem ein, das sich durch einen effizienten Mitteleinsatz und qualitativ gute medizinische Leistungen zu fairen Preisen auszeichnet.