Aufgrund der Zunahme des Leistungsumfangs sowie des steigenden Komforts in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, der Verlagerung von Leistungen in den ambulanten Bereich und rigider regulatorischer Vorgaben sind Anbieter von Spitalzusatzversicherungen verstärkt gefordert, attraktive Lösungen anzubieten. Wir untersuchen, welche Faktoren das Angebot von und die Nachfrage nach Spitalzusatzversicherungen beeinflussen, wie sich der Markt für dieses Versicherungsprodukt entwickelt hat und welche Chancen und Risiken sich aus aktuellen Trends für die Zukunft ergeben. Zudem richten wir unser Augenmerk auf die volkswirtschaftlich relevanten Wirkungen, die durch Spitalzusatzversicherungen entstehen.
Die Nachfrage nach klassischen halbprivaten und privaten Spitalzusatzversicherungen ist vor allem in den ersten zehn Jahren nach der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes zurück-gegangen. Die Trendumkehr erfolgte 2006: Seither ist ein kräftiges Wachstum von Flex-Produkten zu verzeichnen, das diesen Rückgang teilweise kompensiert. Seit 2006 ist der Anteil der Personen, die über eine Spitalzusatzversicherung verfügen, von rund 13% auf über 20% angestiegen. Abgesehen von der Innovation im Bereich der Flex-Produkte ist der Markt von einer eher geringen Innovationsdynamik geprägt, die massgeblich auf die eng gefassten regulatorischen Vorgaben zurückzuführen sein dürfte. Einmal lancierte Produkte können zwar im Verlauf angepasst werden, jedoch nur zu erschwerten Bedingungen. Im Zweifel verzichten Versicherer daher eher auf die Einführung neuer Produkte.
Chancen für Spitalzusatzversicherungsprodukte entstehen vor allem dort, wo es Versicherern gemeinsam mit Leistungserbringern gelingt, attraktive Angebote für den ambulanten Bereich zu entwickeln. Auch die Begleitung des Patienten entlang des Behandlungspfades, inklusive Beratung hinsichtlich der Wahl des Arztes und der Versorgungsstruktur, verspricht Potenzial. Hinge-gen bergen die fortschreitende Alterung der Gesellschaft, der Ausbau des Leistungsniveaus in der OKP und die regulatorischen Entwicklungen, welche sich negativ auf die Innovationsbereitschaft der Versicherer auswirken, gewisse Risiken.
Mit Blick auf volkswirtschaftlich relevante Wirkungen ist kostenseitig das Potenzial zur Mengenausweitung zu nennen. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass elektive Eingriffe bei zu-satzversicherten Patienten häufiger vorgenommen werden. Es besteht das Risiko, dass sich die damit verbundenen Kosten zum Teil in den OKP-Betriebskosten niederschlagen. Auch Vorhalteleistungen, die aus ineffizienter Nutzung von Spitalinfrastruktur und personellen Ressourcen resultieren, können zu erhöhten Systemkosten führen. Andererseits können beispielsweise aus verkürzten Liegedauern, der Steigerung der Attraktivität medizinischer Berufe und der Verbreitung innovativer therapeutischer Ansätze ökonomische Nutzenpotenziale resultieren. Da die genannten Wirkungen kaum quantifizierbar sind, ist der Nettoeffekt unklar.