Erfolgreiche Rekrutierung dank Transparenz, Vielfalt und Tempo
Wie finden Krankenversicherer geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Auf welche Kanäle setzen sie für die Rekrutierung und was hat sich bei der Personalgewinnung im Vergleich zu früher am stärksten verändert? infosantésuisse hat sich in der Branche umgehört.
Der Arbeitsmarkt und vor allem die Suche nach qualifizierten und passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Aber nicht die Digitalisierung oder die veränderten Strukturen und Rollenprofile stellen für Unternehmen bei der Personalsuche die grösste Herausforderung dar, sondern die Nachfrage durch qualifizierte Kandidaten. «Der Markt hat sich in vielen Bereichen von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt: Erhielten wir früher viele Bewerbungen auf eine Stelle, gibt es heute oft wenige valable Bewerbungen auf viele Stellen», bringt es Madeleine Müller, Leiterin Kommunikation & HR-Prozesse bei der Sodalis Gesundheitsgruppe, auf den Punkt.
«Der Weg und die Haltung zu den richtigen Kandidatinnen und Kandidaten hat sich grundlegend verändert», stellt auch Manfred Schwander, Leiter HR bei santésuisse, fest. Die Kanäle und Karrierewege seien vielfältiger geworden, die Geschwindigkeit sei mittlerweile ein entscheidender Erfolgsfaktor und die Begegnung auf Augenhöhe zentral. «Aus der früheren Frage ‹warum sollen wir gerade Sie anstellen?› ist längst die Gegenfrage geworden: ‹Warum soll ich gerade hier arbeiten?›.»
Auch Pascal Suppiger, Bereichsleiter Personal beim Krankenversicherer Concordia stellt fest, dass schnelle und vor allem transparente Prozesse heute entscheidender sind, denn je. Auch wenn sich die Rekrutierung für alle Zielgruppen verändert habe, sei es nach wie vor wichtig, zielgruppenspezifisch zu denken. «Jüngere erwarten oft mehr Sinn, Entwicklungsmöglichkeiten und Work-Life-Balance, während erfahrene Fachkräfte eher auf Stabilität, Werte und Führungskultur achten.» Dementsprechend passe die Concordia ihre Ansprache auch an.
Dass die Sinnhaftigkeit eines Jobs vor allem für jüngere Arbeitnehmende enorm wichtig geworden ist, beobachtet auch Stefan Zeyer, Teamleiter Sourcing & Recruiting beim Unfallversicherer Suva. «In diesem Zusammenhang überarbeiten wir aktuell unsere Rekrutierungsprozesse.» Ziel sei es, als Unternehmen nicht nur einen guten Eindruck zu hinterlassen, sondern auch den Weg zum Job spannend zu gestalten. Mit Sinnhaftigkeit können Kranken- und Sozialversicherer punkten und diese ist bei vielen auch in den Firmenwerten verankert. Allerdings kämpft die Branche nach wie vor damit, dass sie als verstaubter gilt, als andere. «Für uns als Arbeitgebermarke ist es daher umso wichtiger, unsere Einzigartigkeit und unsere Werte in den Vordergrund zu rücken», betont Madeleine Müller.
Christoph Linder, Geschäftsführer, Krankenkasse Steffisburg
«Für die Besetzung von Stellen arbeiten wir aktuell nicht mit externen Partnern zusammen. Wir schalten die Stelleninserate auf unserer Website und auf dem Stellenportal Jobcloud. Zudem teilen unsere Mitarbeitenden diese auf Whatsapp oder Instagram. Bis jetzt hat es sich immer ergeben, dass wir so die passenden Kandidatinnen und Kandidaten gefunden haben. Vielleicht liegt das daran, dass die Zusammenarbeit bei uns persönlicher und familiärer ist, als bei einem grösseren Unternehmen – unsere Mitarbeitenden sind keine Nummern.
Grundsätzlich war es früher einfacher, geeignete und qualifizierte Personen zu finden. Heute ist es eher selten, dass man mehrere Top-Bewerbungen erhält und somit eine Auswahl für die Besetzung der Stelle hat. Zudem erhalten wir viele Bewerbungen, bei denen die Profile absolut nicht mit den Anforderungen übereinstimmen. Diese Veränderungen gelten für alle Altersklassen und Zielgruppen.»
Manfred Schwander, Leiter HR, santésuisse
«Als Expertenorganisation sind wir auf qualifizierte Kolleginnen und Kollegen mit den passenden Kompetenzen angewiesen. Eine rasche und passende Stellenbesetzung ist zentral. Daher setzen wir für die Personalgewinnung auf eine mehrgleisige Strategie. Einerseits arbeiten wir mit ausgewählten Spezialisten aus verschiedenen Disziplinen zusammen und investieren gezielt Zeit und Ressourcen, um unser Netzwerk zu pflegen und weiter auszubauen. Andererseits nutzen wir die Online-Plattform jobs.ch und pflegen aktiv die Unternehmensprofile der santésuisse-Gruppe auf Linkedin. Ergänzend dazu sammeln wir erste Erfahrungen mit Social-Media-Kampagnen, über die wir definierte Zielgruppen ansprechen. Insbesondere im IT-Bereich sind zudem Stellenvermittler ein wichtiger Kanal.»
Madeleine Müller, Leiterin Kommunikation & HR-Prozesse, Sodalis Gesundheitsgruppe
«Wir inserieren digital und analog. Dieser Mix scheint uns ideal, da im Oberwallis die Zeitung noch oft in gedruckter Form gelesen wird – sowohl von der jüngeren wie auch von der älteren Generation. Die sozialen Medien eigenen sich perfekt, um mit einer kurzen Info auf das Jobangebot sowie das Jobportal unserer Website zu lenken. Mit Portalen wie workwallis.ch oder jobs.ch erreichen wir am meisten Leute, dank Filterfunktion möglichst ohne oder mit wenig Streuverlust. In der Regel bewältigen wir die Besetzung der Vakanzen über diese Kanäle, ohne dass externe Partner beigezogen werden müssen. Einzig für Kaderpositionen nehmen wir nötigenfalls die Hilfe von Headhunter in Anspruch. Früher konnte der Arbeitgeber wählerisch sein, heute sind es die Bewerber. Unternehmenskultur wird bei vielen gross geschrieben. Die Arbeit muss sinnstiftend sein und flexible Arbeitsmodelle sind ein Muss.»
Stefan Zeyer, Teamleiter Sourcing & Recruiting, Suva
«Unsere Stellenausschreibungen erfolgen heute ausschliesslich online und die Bewerbenden reichen ihre Dossiers digital ein. Zudem führen wir auch ein erstes Kennenlern-Gespräch mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten virtuell durch. Grundsätzlich nutzen wir eine Vielzahl von Kanälen zur Rekrutierung, insbesondere das eigene Jobportal sowie externe Jobplattformen und soziale Medien wie Linkedin, Instagram und neu auch Tiktok. Die Suva ist aber auch an Berufs- und Hochschulmessen präsent und profitiert vom Kontaktnetzwerk ihrer Mitarbeitenden. Zentral ist, dass wir die Zielgruppen auf dem Kanal abholen, wo sie sich bewegen.»
Pascal Suppiger, Bereichsleiter Personal, Concordia
«Erfolgreich zu rekrutieren, erachten wir als eine Aufgabe, die wir als Concordia erfüllen müssen. Aus diesem Grund behalten wir den Rekrutierungsprozess so weit wie möglich bei uns, um sicherzustellen, dass neue Mitarbeitende zu unserer Kultur und unseren Werten passen. Dazu setzen wir auf einen medienübergreifenden Mix: Neben klassischen Online-Stellenportalen wie jobs.ch, zentraljobs.ch oder Linkedin spielen vereinzelt auch Active-Sourcing-Aktivitäten eine zentrale Rolle. Wir testen immer wieder neue Kanäle wie z.B. Jobeagle oder arbeiten mit spezifischen Partnern für Kampagnen in Sozialen Medien zusammen. Bei regionalen Ausschreibungen schalten wir vereinzelt noch Print-Inserate in lokalen Medien. Klar ist: Authentisches Employer Branding, eine positive Candidate Experience und schnelle, transparente Prozesse sind heute entscheidender denn je.»
Sandra Niederhäuser, Spezialistin Employer Branding, Atupri
«Im aktuellen Arbeitnehmermarkt haben wir unsere Rekrutierungsprozesse beschleunigt. Wir fokussieren uns verstärkt auf Employer Branding, achten auf eine authentische Kommunikation und setzen gezielt digitale Tools ein – wie Linkedin oder smarte Bewerbermanagementsysteme. Wir stellen fest, dass die Bedeutung von Unternehmenskultur und Sinnstiftung stark zugenommen hat. Das gilt für jüngere und ältere Talente, wobei Letztere besonders Stabilität und Entwicklungsperspektiven schätzen. Zwar erhalten wir bei gewissen Vakanzen zahlreiche Bewerbungen, diese entsprechen jedoch nicht immer den fachlichen Anforderungen. Dies zeigt, wie wichtig eine klare Positionierung, eine gezielte Zielgruppenansprache und sorgfältige Auswahlprozesse sind, um die passenden ‹Atuprianerinnen› zu gewinnen. Daher arbeiten wir bei schwer zu besetzenden Positionen oder der gezielten Ansprache spezifischer Fachzielgruppen punktuell mit spezialisierten Personalvermittlern zusammen. Gleichzeitig setzen wir auf die Stärke unserer Mitarbeitenden als Markenbotschafterinnen: Empfehlungen aus dem eigenen Netzwerk sind oft besonders treffsicher.»
