Kein Reserveabbau mitten in der Krise

Medienmitteilungen
16.12.2020

Die hohe Qualität des schweizerischen Gesundheitswesens beruht auf Verlässlichkeit und Stabilität. Dank ihrer Reserven sind die Krankenversicherer auch in der Corona-Krise jederzeit handlungsfähig – ohne dass Prämienerhöhungen aufgrund der Pandemie befürchtet werden müssen. Mitten in dieser schwierigen Zeit will der Bundesrat per Verordnungsänderung die Reserven absenken. Angesichts der aktuellen Gesundheitskrise, deren Ende noch nicht absehbar ist, hält santésuisse diesen Vorschlag für fahrlässig und lehnt ihn klar ab.

Per Juni 2021 will der Bundesrat die Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV) anpas-sen und die Krankenversicherer dazu verleiten, ihre Reserven deutlich abzusenken. Mit seinem Vorstoss vermittelt er den Eindruck, die Rücklagen der Versicherer seien deutlich zu hoch und zeichnet damit ein komplett falsches Bild. Tatsächlich entsprechen die Reserven lediglich dem Gesamtbetrag von ca. drei bis vier Monatsprämien. Das entspricht rund 10 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Das gesamte Volumen der obligatorischen Kranken- und Pflegeversicherung beträgt jährlich gut 33 Milliarden Franken. Die Reserven sind umso wichtiger, weil die Krankenversicherer keine Kredite aufnehmen dürfen, um ein allfälliges Minus zu decken.

Reserven federn Belastung durch Corona-Kosten ab

Die Corona-Krise hat wenig überraschend auch in den Büchern der Krankenversicherer deutliche Spuren hinterlassen. Bis dato ist mit Kosten von mindestens 550 Millionen Franken zulasten der Prämienzahler zu rechnen. Dabei ist heute noch nicht mal abzuschätzen, wie lange die Krise andauern wird und mit welchen weiteren Belastungen die Prämienzahler rechnen müssen. Dass die Reserven mitten in einer weltweiten Pandemie angepasst werden sollen, ist störend und für santésuisse nur schwer nachvollziehbar.

Die Höhe der Reserven muss auch in Zukunft eine unternehmerische Entscheidung bleiben, für die jeder Krankenversicherer in genauer Kenntnis der Sachlage Verantwortung trägt – und nicht die Politik per Ferndiagnose. Werden die Prämien jeweils nicht rechtzeitig an die Kostenentwicklung angepasst, stehen die Krankenversicherer in der Pflicht, das Versäumte im Folgejahr – und allenfalls auch unterjährig – durch markante Prämienaufschläge zu kompensieren. Einen solchen gesellschaftlich und wirtschaftlich unerwünschten Jo-Jo-Effekt mussten die Prämienzahler in der Vergangenheit wiederholt hinnehmen.

Mit der Änderung der Verordnung strapaziert der Bundesrat auch den Solidaritätsgedanken zwischen den Versicherten. Tiefere Reservequoten führen automatisch zu höheren Risiken im Krankenversicherungsmarkt und können letztlich sogar zu Ausfällen von einzelnen Versicherern führen. Den damit verbundenen Schaden müssen, gemäss Gesetz, unter anderen die Prämienzahler decken.

Würden alle Versicherer ihre Reserven auf das gesetzliche Mindestmass abbauen (Solvenzquote von 100 Prozent), würde alle drei bis vier Jahre ein Versicherer zahlungsunfähig. Dieses Risiko verschärft sich zusätzlich, weil mit der Möglichkeit des Reserveabbaus eine Risikospirale in Gang gesetzt würde: Wer mehr Risiken in Kauf nimmt, kann noch tiefere Prämien anbieten.

Reserven garantieren Stabilität

Die Vorlage des Bundesrates verkennt die positive Wirkung und die beruhigenden Zeichen, welche die Krankenversicherer gerade während der Corona-Pandemie ausstrahlen. Dank der vorhandenen Reserven haben sie frühzeitig Entwarnung gegeben und den Prämienzahlern mitgeteilt, dass sie auf pandemiebedingte Prämienaufschläge verzichten.

Solidarisch bleiben in der Krise: Zum Video

Der Vergleich zeigt: Reserven sind solide, aber nicht zu hoch: Zur Grafik

 

 


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