Lebendspende: Diese Pflichten haben Versicherer
Bei einer Lebendspende wird einer gesunden Person ein Organ entnommen und einer anderen transplantiert. Solche Fälle sind anspruchsvoll für die Betroffenen – aber auch für die Versicherer. Der Schweizerische Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) hat sich als zentrale Anlaufstelle etabliert.
Eine Organspende kann Leben retten. Oft warten kranke Menschen Monate oder Jahre auf eine passende Niere, Leber oder auf Stammzellen. Letzte Hoffnung ist für viele Betroffene eine Lebendspende. Dabei erhalten sie ein Organ von einer bekannten Person oder einem anonymen Spender (siehe Kasten).
Die Abwicklung einer Lebendspende ist komplex, die involvierten Personen müssen sich mit zahlreichen Fragestellungen befassen – mit medizinischen ebenso wie mit rechtlichen und finanziellen. Welche gesundheitlichen Risiken sind mit einer Transplantation verbunden? Wer bezahlt den Erwerbsausfall des Spenders? Und wer unterstützt, wenn nach einer Spende gesundheitliche Probleme auftreten?
SVK: Fachstelle bei Lebendspenden
Zentrale Anlaufstelle bei Fragen rund um die Versicherungsdeckung bei Lebendspenden ist der Schweizerische Verband für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherer (SVK) mit Sitz in Solothurn. 80 Fälle von Lebendspenden hat er 2024 im Auftrag von 35 Krankenversicherern und weiteren Sozialversicherern behandelt – darunter 55 Nieren- und 24 Stammzellenspenden sowie eine Leberspende. In diesem Jahr dürften es noch mehr werden. «Wir verfügen über langjährige Erfahrung und spezifisches Wissen in diesem Bereich. Deshalb können wir den Versicherern aber auch den Spendern und Empfängern von Organen wertvolle Unterstützung bieten», sagt Vera Marques, Verantwortliche Erwerbsausfallentschädigung Lebendspende beim SVK.
Gemäss dem Schweizerischen Transplantationsgesetz werden sämtliche Kosten, die mit einer Lebendspende verbundenen sind, durch die Krankenversicherung der empfangenden Person gedeckt. Zusätzlich zu den medizinischen Aufwänden gehören dazu die Entschädigung bei Lohnausfall ebenso wie Spesen für Anreise, Unterkunft und Verpflegung. Wie hoch die Entschädigung insgesamt ist, berechnet der SVK individuell je nach Fall und leitet die Übersicht zur Zahlung an die Krankenversicherung weiter. Bei Fragen steht Vera Marques aber auch den Organspendern und -empfängern zur Verfügung. «Wir unterstützen sie so gut wie möglich in dieser anspruchsvollen Zeit – dafür sind sie oft sehr dankbar.»
Versicherer zahlen Lohn und Spesen
Ein wichtiger Punkt, der bei Vera Marques immer wieder auftaucht, betrifft das Thema Erwerbsausfall: Gemäss Gesetz ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, einem Organspender den Lohn während Operation und Rekonvaleszenz zu bezahlen. Hier ist es Aufgabe des Versicherers, die Spender schadlos zu halten und die Lohnkosten vorübergehend zu übernehmen. Berechnet wird der Erwerbsausfall auf der Basis des aktuellen Lohnes des Spenders. Je nach Eingriff dauert die Arbeitsunfähigkeit vier bis acht Wochen. Unterstützung muss der Krankenversicherer aber auch später noch leisten. «Zum Beispiel, wenn es nach der Organspende zu Komplikationen kommt, was zum Glück sehr selten der Fall ist», sagt Vera Marques.
Organspende darf nicht zur Abhängigkeit führen
Bevor der SVK solche Fälle von Lebendspenden zugewiesen bekommt, muss klar sein, ob sich eine Person für eine Organspende überhaupt eignet. Für die notwendigen medizinische Abklärungen sind die fünf Transplantationszentren der Schweiz zuständig. Wichtiger Bestandteil dieser Abklärungen ist ein ausführliches Gespräch zwischen dem potenziellen Spender und einem Psychologen. Dabei wird festgestellt, ob die Organspende freiwillig und ohne Druck erfolgt, was zwingend der Fall sein muss. «Wichtig ist auch, dass eine Organspende nicht zu einer Abhängigkeit führt, was immer wieder vorkommen kann, wenn sich die involvierten Personen sehr nahestehen», sagt Vera Marques, die bereits seit mehreren Jahren als Verantwortliche Erwerbsausfallentschädigung Lebendspende beim SVK tätig ist.
Kontakt bleibt auch nach Jahren
Was ihr aus dieser Zeit besonders in Erinnerung bleibt, sind die zahlreichen Kontakte mit Spendern und Empfängern von Organen – und die eindrücklichen Geschichten, die damit verbunden sind. Vera Marques: «Oft melden sich Betroffene auch Jahre nach einer Spende noch bei mir – einfach um danke zu sagen, weil die Organspende für sie so wertvoll war.»
Organspende oft innerhalb der Familie
Bei Lebendspenden wird zwischen gerichteten und nicht gerichteten Spenden unterschieden.
- Bei der gerichteten Spende erklärt sich die spendende Person bereit, einer bestimmten empfangenden Person eine Niere, Stammzellen oder ein Teil der Leber zu spenden. Dabei handelt es sich in den allermeisten Fällen um Spenden innerhalb der Familie aber auch zwischen Freunden.
- Bei der nicht gerichteten Spende (altruistische Spende) bleiben spendende und empfangende Person anonym und das Organ wird nach den gleichen Regeln wie bei verstorbenen Spenderinnen und Spendern zugeteilt.