Erfassung von Klimarisiken wird obligatorisch

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) nimmt Banken und Versicherer gleichermassen in die Pflicht, ihr Risikomanagement auf Klima- und Naturrisiken auszuweiten. Auch die im Zusatzversicherungsbereich tätigen Krankenversicherer müssen ihre Systeme anpassen.

infosantésuisse-Artikel
03.03.2025

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) verlangt von den Banken und Versicherungen in der Schweiz ab 2026 die Erfassung von Klima- und naturbedingten Risiken. Kleinere Institute sind bis 2027 zur Umsetzung verpflichtet. Die Aufsichtsbehörde erwartet, dass sich auch die in der Zusatzversicherung tätigen Krankenversicherer anhand von Szenarioanalysen mit möglichen zukünftigen Entwicklungen von physischen Risiken und Transitionsrisiken sowie deren finanziellen Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit auseinandersetzen.

Dabei charakterisiert die Finma die Naturrisiken wie folgt:

Akute physische Risiken ergeben sich aus Extremereignissen wie Überschwemmungen, Stürmen, Dürren, Lauffeuern, Erdrutschen oder Pandemien. Chronische physische Risiken ergeben sich aus dauerhaften Naturveränderungen wie ansteigenden Durchschnittstemperaturen, veränderten Niederschlagsmustern, ansteigenden Meeresspiegeln, Beeinträchtigung der Luft-, Gewässer- oder Bodenqualität, Entwaldung, Artensterben oder Ausbreitung invasiver Arten.

Transitionsrisiken ergeben sich aus dem Übergang zu einer naturverträglichen Wirtschaft, insbesondere deren Dekarbonisierung, beispielsweise durch Veränderungen in der Klima- und Umweltpolitik, technologische Entwicklungen, Weiterentwicklungen der Rechtsprechung oder Veränderungen im Verhalten von Marktteilnehmenden.

Kritische Haltung von santésuisse

santésuisse hat sich im Frühling 2024 als Vertreterin der nicht dem Schweizerischen Versicherungsverband (SVV) angeschlossenen Krankenversicherer kritisch zum Entwurf des Rundschreibens geäussert. In der Stellungnahme hielt santésuisse fest, dass in erster Linie die Sach- und Rückversicherer von naturbezogenen Finanzrisiken betroffen seien. Zudem sei innerhalb des Krankenversicherungsbereichs die Zusatzversicherung wesentlich weniger tangiert als die Grundversicherung. Betroffen seien vor allem die Schaden- und Rückversicherer und die Banken im Bereich der Kreditrisiken. Bei den Krankenversichern liesse sich keine vergleichbare unmittelbare Betroffenheit herleiten. Wenn überhaupt, so lägen die finanziellen Risiken vor allem im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung. Denkbar sei beispielsweise eine Kostenzunahme aufgrund umweltbedingt stark steigender Fallzahlen und neuer, teurer Behandlungsmethoden. Allerdings sind die Kapazitäten im Gesundheitssystem begrenzt.

Kurze Fristen für die Umsetzung

Dominik Gresch, Leiter Zusatzversicherungen bei santésuisse, bedauert, dass die Finma nicht alle Krankenversicherer vom Geltungsbereich des Rundschreibens ausgenommen hat: «Unser Hinweis, auf den nicht vorhandenen Regulierungsbedarf blieb leider ungehört. Nun sind die grossen Krankenversicherer mit einer Bilanzsumme von über einer Milliarde Franken zum Management von klima- und weiteren naturbezogenen Finanzrisiken verpflichtet.» Immerhin wurde die Umsetzung etappiert, indem das Rundschreiben ab dem 1. Januar 2026 ausschliesslich für klimabezogene Finanzrisiken gilt. Die betroffenen Krankenversicherer haben ein Jahr länger Zeit, um die Anforderungen zu erfüllen. Ab dem 1. Januar 2028 wird der Anwendungsbereich des Rundschreibens auf sämtliche naturbezogenen Finanzrisiken ausgeweitet.

Ungeachtet der in der Anhörung geäusserten Kritik kann Dominik Gresch die Haltung der Behörde zumindest nachvollziehen: «Selbstverständlich ist das Bestreben der Finma, die Banken und Versicherungen gegen Naturrisiken finanziell widerstandsfähiger zu machen, berechtigt. Allerdings stellte sich im konkreten Fall der Zusatzversicherung die Frage der Verhältnismässigkeit. Vielfach wurden die potenziellen Auswirkungen auf die Liquidität oder die Werthaltigkeit von Kapitalanlagen bereits in die Risikomanagementsysteme übernommen.»

Erfreulich ist aus Sicht von santésuisse, dass kleine Versicherungsunternehmen nach Artikel 1c der Aufsichtsverordnung (AVO) der Kategorien 4 und 5 mit einer Bilanzsumme von unter einer Milliarde Franken nicht in den Anwendungsbereich fallen. Diesen Versicherungsunternehmen im sogenannten «Kleinversicherer-Regime» kann das Rundschreiben zur Orientierung dienen.


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