Gefährliches Spiel mit unserem Gesundheitswesen

infosantésuisse-Artikel
08.05.2024

Die Schweiz steht vor einem wichtigen Abstimmungstermin. Am 9. Juni 2024 kommen gleich zwei Vorlagen an die Urne, die sich um die Finanzierung der stark steigenden Prämien respektive um die Kosten des Gesundheitswesens drehen – beide sind wegweisend für die soziale Krankenpflegeversicherung. Mit ihrer Kostenbremse-Initiative will die Mitte-Partei den Kostenanstieg im Gesundheitswesen dämpfen und Bund, Kantone sowie Leistungserbringer stärker in die Pflicht nehmen. Einen anderen Weg schlägt die SP ein: Mit ihrer Prämienentlastungs- Initiative möchte sie dafür sorgen, dass niemand mehr als zehn Prozent des Einkommens für die Grundversicherung ausgeben muss. Die entstandenen Kosten sollen also viel stärker vom Staat mitfinanziert werden als bis anhin.

Die Aufmerksamkeit der breiten Bevölkerung ist beiden Vorlagen gewiss. Denn die steigenden Krankenversicherungsprämien belasten das Portemonnaie immer stärker. Besonders betroffen sind Familien mit Kindern und Personen mit tieferen Einkommen. Sie haben immer mehr Mühe, ihre Rechnungen am Monatsende zu bezahlen. Sorgen bereiten ihnen längst nicht nur die Krankenversicherungsprämien. Auch viele andere Posten strapazieren das Haushaltsbudget: Strom, Benzin, Bahntickets und Grundnahrungsmittel etwa.

Vermeintlich einfache Lösungen führen nicht zum Ziel

Übrig bleibt bei vielen Schweizerinnen und Schweizern am Monatsende oft nur das Gefühl, dass man sich mit dem hart erarbeiteten Lohn immer weniger leisten kann. Das verwundert kaum. So ist der Medianlohn in der Schweiz von 2020 bis 2022 zwar um 1,8 Prozent auf 6788 Franken gestiegen, im Portemonnaie hat sich das allerdings kaum widergespiegelt, weil die Teuerung höher lag und die Kaufkraft damit um 1,5 Prozent gesunken ist. In solchen Zeiten haben vermeintlich einfache Lösungen ein leichtes Spiel. Immerhin macht die Kostenbremse-Initiative ein wenig Mut. Denn hier wird die Politik dazu angehalten, endlich Massnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, überhöhte Kosten zu reduzieren und so das Prämienwachstum zu dämpfen. Diese Initiative wird von santésuisse unterstützt, weil sie am richtigen Ort – eben den Kosten – ansetzt.

Griffige Reformen, statt populistische Ideen

Mit der Kostenbremse-Initiative allein ist unser System aber längst noch nicht gerettet. Es gilt, der breiten Bevölkerung wieder stärker aufzuzeigen, dass es die steigenden Kosten sind, welche die Prämien ausmachen und dass wir alle etwas dagegen tun können. Statt populistische Ideen brauchen wir dringend griffige Reformen. Konkrete Massnahmen liegen längst auf dem Tisch – sie müssten nur endlich umgesetzt werden. 

Mit einer Senkung der Labortarife und Generika-Preise, mit einer intelligenten, überkantonalen Spitalplanung sowie einer raschen Umsetzung von abgeschlossenen Health Technology Assessments (HTA) könnten im Gesundheitswesen Millionen eingespart werden, ohne dass die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler irgendwelche Einschränkungen in Kauf nehmen müssten. Bereit zur Einführung ist auch der Arzttarif der Zukunft auf der Basis von Pauschalen. Mit dem ausgefeilten Tarifsystem würden gleiche Eingriffe immer genau gleich und damit fair vergütet. Die Verbände santésuisse und H+ orientieren sich damit an der Erfolgsgeschichte des stationären Tarif-Vorbilds SwissDRG, welcher aus dem Spitalalltag nicht mehr wegzudenken ist.

Dass Pauschalen wirken, zeigen die Abrechnungsdaten für Januar und Februar 2024 eindrücklich. Während die Ausgaben im ambulanten Bereich um knapp sieben Prozent gestiegen sind, verzeichnet der stationäre Spitalbereich nur ein schwaches Kostenwachstum. Das ist bezeichnend und hoffentlich richtungsweisend für künftige Diskussionen über wichtige und vor allem echte Reformen. Alle Akteure sind gefordert, solche Reformen zu unterstützen statt den Prämienzahlern populistische Scheinlösungen schmackhaft zu machen.


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