Generika
- Für viele patentabgelaufene Arzneimittel stehen seit Jahren preisgünstige Generika mit einem identischen Wirkstoff zu Verfügung, bei gleicher Behandlungsqualität. Der tiefe Generikaanteil in der Schweiz zeigt aber, dass das Sparpotential bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Bei der Abgabe von Arzneimitteln mit gleicher Wirkstoffzusammensetzung sollen Apotheken, Spitäler und Ärzte grundsätzlich das preisgünstigste Arzneimittel abgeben müssen.
- Bei der Preisfindung soll ein Auslandpreisvergleich von Generika die heute unbefriedigende Preisabstandsregel ersetzen. Dadurch würde der Fabrikabgabepreis auf europäisches Niveau gesenkt. Das gleiche Verfahren soll auch bei den Biosimilars zur Anwendung gelangen. Die vom Bundesrat per 2024 verfügte Erhöhung des Preisabstandes geht im Verhältnis zum potentiellen Einsparvolumen zu wenig weit.
Medikamentenabgabe im Einzelfall
- Ärztinnen und Ärzte, die bei einem Patienten mit einer schweren Erkrankung ein Medikament verschreiben wollen, für welches gemäss der Spezialitätenliste keine ordentliche Vergütung vorgesehen ist, können beim Versicherer ein Gesuch um Kostenübernahme stellen (Art. 71a-71d KVV). Diese Kostenübernahme von Medikamenten im Einzelfall muss aber eine Ausnahmeregelung bleiben. Der administrative Aufwand von Einzelfallbeurteilungen ist sehr hoch. Die gesetzlich vorgesehenen heilmittelrechtlichen Prüfungen durch die swissmedic und das sozialversicherungsrechtliche Aufnahmeverfahren des BAG werden in einer hohen Anzahl von Fällen umgangen.
- Anreize für eine ordentlichen Aufnahme auf die Spezialitätenliste sollen erhöht werden. Die im Rahmen der KLV/KVV-Revision getroffenen Massnahmen greifen jedoch zu kurz, um das starke Wachstum der Anzahl Gesuche zur Einzelfallvergütung zu bremsen. Gleichzeitig steigt bei den Krankenversicherern der administrative Aufwand für deren Bearbeitung und Beurteilung.
Preismodelle von neuen Arzneimitteln
- Bei vielen teuren Medikamenten kommen heute Preismodelle zum Einsatz. So muss der Krankenversicherer in vielen Fällen beim Zulassungsinhaber eine Rückerstattung einfordern, damit die Wirtschaftlichkeit erfüllt ist. In bestimmten Fällen sind Preismodelle begründet, beispielsweise bei Kombinationstherapien. In der Mehrheit der Fälle stellen die Preismodelle jedoch einfach eine Rabattierung auf die Schaufenster-Preise der Spezialitätenliste dar. Preismodelle sind intransparent und verursachen bei den Krankenversicherern unnötige administrative Aufwände aufgrund der Abwicklung der mittlerweile zahlreichen Rückforderungen.
- Für santésuisse ist die Transparenz bei den Medikamentenpreisen ein unabdingbares Gut um langfristig die Medikamentenpreise kontrollieren zu können. «Nettopreise» sind immer zu bevorzugen. Vertrauliche Rabatte bei Preisverhandlungen sind in einem internationalen Kontext allerdings eine Realität. Sie können in der Schweiz den Zugang zu neuen Therapien beschleunigen, müssen aber eine absolute Ausnahme bleiben. Nach drei bis maximal fünf Jahre soll daher Transparenz über die Preise geschaffen werden.
Vertriebsmarge
- santésuisse erachtet die geltende Vertriebsmarge als preistreibend und nicht wirtschaftlich. Insbesondere fehlt jede nachvollziehbare, datenbasierte Begründung. Zielführend ist die Abschaffung der heutigen Fehlanreize durch eine substanzielle Senkung der derzeit überhöhten Vertriebsmargen auf das Niveau europäischer Vergleichsländer.
- Die vorgenommene Änderung der Krankenversicherungs-Verordnung (KVV) ist ein Schritt in die richtige Richtung. Neu ist der Vertriebsanteil für patentabgelaufene Arzneimittel mit identischem Wirkstoff gleich hoch sein, was die Anreize, teure Originalpräparate abzugeben, reduziert.
- Eine Umverteilung unwirtschaftlicher Margenvolumen – Stichwort neue leistungsorientierte Abgeltung von Apotheker-Leistungen – in andere Leistungen lehnt santésuisse ab.
Liefer- und Versorgungsengpässe
- Viele Wirkstoffe werden mehrheitlich an wenigen Standorten auf der Welt produziert (Pakistan, Indien, China). Der Ausfall eines Herstellers wirkt sich unmittelbar auf die globalen Lieferketten aus und kann die Versorgung mit bestimmten Produkten gefährden. Die Coronakrise hat gezeigt, dass die hohen Preise, die in der Schweiz bezahlt werden müssen, in einer solchen Krise nicht vor punktuellen Engpässen schützen.
- Lieferengpässe der Hersteller sind allerdings nicht zwingend Versorgungsengpässe, da ein Grossteil der temporär nicht lieferbaren Medikamente durch andere ersetzt werden können.
- Zentrale Anforderungen des Bundes für Pflichtlager sind ein geeignetes Mittel gegen punktuelle Versorgungsengpässe. Die Arzneimittelhersteller sind im Gegenzug zu ihrem privilegierten Marktzugang zu verpflichten, eine sichere Versorgung durch Vorratshaltung zu gewährleisten. Auch der Grosshandel ist in die Pflicht zu nehmen.