Was die Erfahrungen im Ausland für die Schweiz bedeuten

infosantésuisse-Artikel
08.05.2024

Pauschalen für ambulante Leistungen sind im umliegenden Ausland schon länger an der Tagesordnung. Eine Untersuchung im Auftrag von santésuisse zeigt, was die Schweiz daraus lernen kann.

Während das Schweizer Gesundheitswesen in Sachen neues Tarifsystem noch auf den Entscheid von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider wartet, gehören Pauschalen kombiniert mit Einzelleistungstarifen für ambulante Leistungen in vielen europäischen Ländern bereits seit Jahren zum Alltag. So auch in Deutschland, Österreich und England. Im Rahmen einer Untersuchung im Auftrag von santésuisse hat das Beratungsunternehmen Swiss Economics das ambulante Tarifsystem in den drei Ländern unter die Lupe genommen.

Deutschland: Fallpauschalen aus mehreren Gründen vorteilhaft

Mit dem einheitlichen Bewertungsmassstab (EBM) gilt in Deutschland für Arztpraxen und den spitalambulanten Bereich dieselbe Tarifstruktur, um die Werte der Einzelleistungen und der Pauschalen festzulegen. Die Vergütung der stationären Leistungserbringung basiert dagegen seit 2003 auf dem deutschen DRG-System. Da die darin vorgesehenen Fallgruppen als zu heterogen und die Datengrundlage als nicht repräsentativ eingeschätzt wird, soll das DRG-System nun überarbeitet werden. Dabei sollen vermehrt auch Qualitätsanforderungen eingeführt werden. Zudem ist vorgesehen, ein gemeinsames Tarifsystem für ambulante und ambulant erbringbare Leistungen einzuführen, wobei Fallpauschalen aus mehreren Gründen als vorteilhaft eingeschätzt werden. Dazu zählen insbesondere die Effizienz- und Effektivitätsanreize sowie die erleichterte Koordination zwischen verschiedenen Leistungserbringern und die Stärkung einer vernetzten Gesundheitsversorgung.

Österreich: Pauschalen und Qualität gehen Hand in Hand

Österreich setzt für ambulante Leistungen im niedergelassenen Bereich und durch Spitäler auf unterschiedliche Tarifsysteme, wobei ein Grossteil der Vergütungen in Form von Pauschalen erfolgt. Dies scheint keine Qualitätseinbussen mit sich zu bringen – gemäss Patientenumfragen nehmen sich die Ärztinnen und Ärzte sowohl in niedergelassenen Praxen als auch in Spitälern genügend Zeit für die Betreuung. Um die ambulante anstelle der stationären Leistungserbringung in Spitälern zu fördern, wurde erstere in die leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) aufgenommen, wobei unter anderem ambulante und stationäre Leistungen in einem angemessenen Verhältnis zueinander bewertet werden.

England: Positive Auswirkungen auf die Qualität

Abgesehen von Hausärztinnen und Hausärzten gilt in England für die Vergütung von ambulanten Leistungen dasselbe Tarifsystem wie für den stationären Bereich. Das System setzt sowohl auch zur ambulanten Erbringung von Leistungen. Ländervergleiche zeigen, dass das Gesundheitssystem in England sehr effizient ist. Zudem hat die Einführung der freien Spitalwahl und einer teilweisen Privatisierung der Leistungserbringung dazu geführt, dass sich der Wettbewerb unter den Spitälern intensiviert hat. Das wirkt sich wiederum positiv auf deren Qualität aus. Allerdings scheint das Gesundheitssystem unterfinanziert zu sein. Die Folge davon sind ein starker Personalmangel sowie vergleichsweise lange Wartezeiten.

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse

Anhand der drei Länder lassen sich gemäss den Studienautoren unter anderem folgende allgemeinen Aussagen zu Pauschalen im Gesundheitswesen ableiten:

  • Pauschalen stärken die Anreize zu einer effektiven und effizienten Leistungserbringung.
  • Pauschalen fördern die Umsetzung von ambulant vor stationär, weil sie die Harmonisierung an der Schnittstelle zwischen ambulant und stationär erleichtern.
  • Pauschalen unterstützen die Entwicklung hin zu einer immer stärker vernetzten Gesundheitsversorgung.
  • Pauschalen führen nicht zu Qualitätseinbussen.

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